Motorradunfall: Helm ab oder nicht?

Es ist Herbst – Zeit für eine letzte Ausfahrt mit dem Motorrad, bevor der Schnee kommt. Die besonderen Bedingungen im Herbst haben leider auch Einfluss auf das Unfallgeschehen. Wer als Ersthelfer:in an einen Unfall mit verletzten Motorradfahrern stösst, beschäftigt sich rasch einmal mit der Frage: muss der Helm nun ab oder nicht?

Beitrag vom 10.11.2022

Die Licht- und Sichtverhältnisse können im Herbst herausfordernd sein, die Fahrbahnen manchmal rutschig und der Wildwechsel sorgt für eine weitere Unfallgefahr. Wer auf der Strasse einen Motorradunfall miterlebt und Erste Hilfe leisten möchte, ist häufig unsicher: muss der Helm ab oder macht man damit etwas kaputt und lässt ihn lieber dran?

Kurz: er sollte weg. Der Mythos, dass man Motorradfahrern niemals den Helm abnehmen sollte, hält sich hartnäckig. Ihm liegt die Angst zugrunde, dass man als Ersthelfer damit die Halswirbelsäule verletzen könnte. Doch dieses Risiko ist weit kleiner, als dass Verunfallte beispielsweise durch Erbrochenes ersticken könnten. Respekt muss sein, aber Angst ist in diesem Fall falsch.

Sind Verunfallte noch ansprechbar, sollten Ersthelfer:innen zuerst nachfragen. Häufig ziehen die Verunfallten den Helm ohnehin selber aus und sind dankbar, wenn der Helm weg ist. Sie können so besser atmen. Sind verunfallte Fahrer nicht ansprechbar, muss der Helm sogar unbedingt weg. Weitere Erste-Hilfe-Massnahmen sind nämlich nur ohne Helm möglich.

Wie soll der Helm weg?

Am besten geht es zu zweit, aber auch alleine kann man den Helm vorsichtig abnehmen:

  • Sich dem Patienten von vorne nähern und ihn ansprechen, damit er nicht den Kopf drehen muss, um mit dem Ersthelfer zu reden. Idealerweise fixiert der zweite Helfer den Helm des Patienten von oben.
  • Selbstschutz sicherstellen und Notrufnummer 144 alarmieren.
  • Platz schaffen. Ein Schal oder eine Brille sollten zuerst entfernt werden.
  • Verschluss am Kinnriemen öffnen. Wenn es sich um einen Klapphelm handelt, die Kinnpartie nach oben klappen. Bei Integralhelmen den Kinnschutz entfernen.
  • Bei manchen Modellen lassen sich auch die Wangenpolster an beiden Seiten des Helms entfernen. Häufig sind Stellen, die sich öffnen oder herausnehmen lassen, rot oder gelb markiert.
  • Helm möglichst gerade aufstellen, damit die Öffnung weit und der Kopf des oder der Verunfallten gerade ist.
  • Wenn man zu zweit ist:
    • Ein Ersthelfer kniet hinter dem Kopf des Opfers und spreizt den Helm mit beiden Händen an den Seiten links und rechts des Unterkiefers auseinander.
    • Dann beginnt er langsam, den Helm nach oben zu sich hin vom Kopf zu ziehen.
    • Der andere Ersthelfer kniet seitlich zum Opfer, folgt mit beiden Händen am Unterkiefer entlang und rückt nach. Am Ende des Unterkiefers angekommen sollten die Daumen oberhalb der Ohren liegen, die anderen vier Finger jeder Hand stützen unterhalb den Hinterkopf.
  • Alleine ist es schwieriger, aber dennoch muss der Helm weg. Auch ohne Unterstützung sollte man so gut es geht darauf achten, dass der Kopf nicht zur Seite fällt:
    • Ans Kopfende knien und den Helm vorsichtig in die eigene Richtung ziehen, bis man mit einer Hand den Hinterkopf des Verunfallten abstützen kann.
    • Den Helm ganz abziehen und den Kopf vorsichtig ablegen, eventuell mit einem Polster unter dem Hinterkopf, um die Differenz zwischen Helm und Boden auszugleichen.

Dann erst sind weitere Erste-Hilfe-Massnahmen möglich, zum Beispiel die stabile Seitenlage oder allfällige Wiederbelebungsmassnahmen.