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Interviewer, Stefan Kühnis: Es gibt rund um die Erste Hilfe einige Mythen und Missverständnisse. Was kann man dagegen tun?

Markus Mader: Diese Mythen gibt es. Beispielsweise rund um das Verschlucken einer Zunge oder um juristische Folgen bei falschen Erste-Hilfe-Massnahmen – obwohl es höchstens Folgen hat, wenn man nicht hilft. Rund um Defibrillatoren gibt es Ängste, ob man sie richtig anwenden würde. Solche Mythen und Ängste kann man nur durch Schulungen und Wiederholungen aus der Welt schaffen. Wir machen das auch in unserer Geschäftsstelle in Bern. Dieses Jahr müssen alle 500 Mitarbeitenden wieder einen Repetitionskurs machen. Es braucht das lebenslange Lernen.


Interviewer, Stefan Kühnis: Sollte das schon in der Grundschule beginnen?

Markus Mader: Ganz klar, sogar schon im Kindergarten. Die Erste Hilfe müsste in den Lehrplan. Da kann man mit sehr wenig Aufwand sehr viel erreichen. Zweimal zwei Lektionen pro Schuljahr würden schon reichen. Dafür kämpfen wir, dafür lobbyieren wir. Vielleicht müssten wir im Parlament einen neuen Vorstoss anregen. In einer Umfrage, die wir zusammen mit der Helsana durchführten, zeigte sich: nur jede zweite Person traut sich zu, im Notfall tatsächlich Erste Hilfe zu leisten. Wir müssen die Menschen dafür begeistern und ihnen die Angst vor der Ersten Hilfe nehmen. Das kann man nur mit Üben erreichen.


Interviewer, Stefan Kühnis: Welche grossen Aufgaben gibt es sonst noch in der Ersten Hilfe zu lösen?

Markus Mader: Sie sollte nicht nur ein obligatorisches Schulfach sein, sondern wir müssten auch Wege finden, wie dieses Wissen später im Leben regelmässig aufgefrischt werden kann. Hier müssen wir auch über den Zugang dazu nachdenken. Damit wirtschaftlich benachteiligte Menschen solche Kurse machen können, müssten sie wohl kostenlos sein. Damit die Migrationsbevölkerung mitmachen kann, müssen Sprachprobleme aus dem Weg geräumt werden. Wir müssen die Wertschätzung für die Freiwilligenarbeit stärken, auch im Bereich der Ersten Hilfe. Vielleicht liesse sich die Freiwilligenarbeit in Krisensituationen zudem über die Erwerbsersatzordnung finanzieren. Und nicht zuletzt möchte ich betonen: Es gibt in der Rettungskette Platz für alle. Wer schon vor Ort ist und Erste Hilfe leisten kann, nimmt niemandem etwas weg. Die Rettungskette ist ein Miteinander und kein Wettbewerb.